Der Mann für beide Seiten des Spiels: Travis Hunter und der historische Draft-Move der Jacksonville Jaguars
Die Jacksonville Jaguars sorgten beim NFL Draft 2025 für die erste große Sensation. In einem aggressiven Trade mit den Cleveland Browns sicherten sie sich den zweiten Pick overall – und damit das vielleicht außergewöhnlichste Talent der letzten Jahre: Travis Hunter. Der 20-jährige Ausnahmespieler von der University of Colorado ist nicht nur Heisman-Gewinner, sondern auch eine absolute Rarität in der modernen NFL: Ein Spieler, der sowohl als Wide Receiver als auch als Cornerback auf höchstem Niveau performen kann.
Ein Spieler, zwei Positionen, unzählige Möglichkeiten
Hunter ist nicht nur vielseitig – er ist ein Phänomen. In der College-Saison 2024 absolvierte er über 1.400 Snaps, durchschnittlich mehr als 110 Snaps pro Spiel. Ob Offense, Defense oder Special Teams – er war bei rund 85 % aller Spielzüge auf dem Feld. Als Cornerback sammelte er vier Interceptions, elf Pass-Breakups und zahlreiche starke Tackles. In der Offense verzeichnete er 96 Receptions für 1.258 Yards und 15 Touchdowns. Hunter war sowohl statistisch als auch optisch einer der dominierendsten Akteure im gesamten College Football.
Dass ein Spieler auf College-Niveau diese Doppelrolle konstant ausfüllt, ist eine Ausnahme. Dass er dabei sogar die prestigeträchtige Heisman Trophy gewinnt, ist historisch: Noch nie zuvor hat ein Spieler mit ernsthaften Snaps auf beiden Seiten des Balls diese Auszeichnung erhalten.
Historischer Werdegang: Von Jackson State zu „Prime Time“ in Colorado
Schon vor seinem ersten College-Snap schrieb Travis Hunter Geschichte: Als erster Fünf-Sterne-Rekrut seit zwei Jahrzehnten entschied er sich 2022 für ein HBCU-Programm – Jackson State, damals trainiert von niemand Geringerem als Deion „Prime Time“ Sanders. Der Wechsel galt als Sensation. Zwei Jahre später folgte er seinem Coach nach Colorado. Dort explodierte Hunter regelrecht und wurde zum landesweiten Medienliebling.
In der Big 12 dominierte er das Geschehen auf beiden Seiten des Balls. Er wurde nicht nur mit dem Biletnikoff Award (bester Receiver) und dem Chuck Bednarik Award (bester Defender) ausgezeichnet, sondern entwickelte sich zum Gesichts der College-Saison. Hunter kombinierte Athletik mit Spielintelligenz und einem unersättlichen Wettkampfgeist.
Die NFL fragt sich: Kann das auch auf Profi-Niveau funktionieren?
Die große Frage ist nun: Kann Travis Hunter seine Doppelrolle auch in der NFL erfolgreich spielen? Die Jacksonville Jaguars glauben fest daran. Für ihren aggressiven Trade gaben sie nicht nur den No. 5-Pick ab, sondern auch drei weitere Draftpicks – darunter einen wertvollen First-Rounder im nächsten Jahr.
Hunter selbst machte im Vorfeld klar: Er will beides spielen. Sein Selbstvertrauen ist riesig, sein Talent noch größer. Wer Woche für Woche in der Big 12 dominiert, traut sich auch zu, in der NFL zu bestehen. Doch die Anforderungen sind höher, die Gegner schneller, die Systeme komplexer. Es bleibt ein mutiger Plan – mit Potenzial zur Sensation oder zum Reinfall.
Historisch auch bei den Buchmachern
Dass Travis Hunter ein historischer Sonderfall ist, zeigt sich nicht nur im Draft oder auf dem Feld, sondern auch bei den Buchmachern. In einem bisher einzigartigen Szenario rangiert er gleichzeitig unter den Top 3 der Favoriten für den Offensive Rookie of the Year (ORY) und für den Defensive Rookie of the Year (DRY).
So etwas hat es in der modernen NFL nie gegeben. Die Quoten spiegeln wider, wie sehr Experten und Fans daran glauben, dass Hunter auf beiden Seiten des Balls ernsthafte Impact-Snaps spielen wird. Sollte er tatsächlich sowohl als Corner als auch als Receiver produktiv sein, könnte er eine der aufregendsten Rookie-Saisons der NFL-Geschichte hinlegen.
Wie die Jaguars ihn einsetzen könnten
Mit dem neuen Head Coach Liam Coen, einem ehemaligen Offensive Coordinator der Rams, steht den Jaguars eine neue Ära bevor. Travis Hunter könnte das kreative Puzzlestück sein, das Coens Offense erst richtig entfesselt. Als Receiver bietet Hunter geschmeidige Routen, sichere Hände und ein explosives Spiel nach dem Catch. Er kann sowohl im Slot als auch außen spielen und ist durch seine Athletik ein Albtraum für Linebacker und Safeties.
Im Zusammenspiel mit Brian Thomas Jr., dem physischen Deep Threat, und Neuzugang Dyami Brown ergibt sich für Quarterback Trevor Lawrence eine enorm vielseitige Waffenkammer.
In der Defense hingegen bringt Hunter die Fähigkeit zum Day-One-Starter als Cornerback mit. Seine Instinkte, Spielintelligenz und Ball-Skills machen ihn prädestiniert für ein Press-Man-System. Gemeinsam mit Tyson Campbell könnte er ein Shutdown-Duo bilden, während Jourdan Lewis als Nickelback für Tiefe sorgt.
Auch Hybridrollen sind denkbar: etwa als Nickel-Safety gegen schnelle Slot Receiver oder in bestimmten Packages sogar als Blitzer à la Derwin James. Die Jaguars haben einen Rohdiamanten mit unfassbarem Entwicklungspotenzial.
Was bedeutet das für Jacksonville?
Dieser Pick ist mehr als nur ein sportlicher Coup. Travis Hunter ist ein Statement. Die Jaguars zeigen Mut, Innovation und Ambition. Sie wollen nicht nur mitspielen, sondern Akzente setzen. Nach Jahren des Umbruchs sendet die Franchise unter GM James Gladstone und HC Liam Coen ein klares Signal: Wir glauben an Außergewöhnliches.
Mit Hunter haben sie sich nicht nur den besten Cornerback und besten Wide Receiver des Drafts gesichert, sondern vielleicht auch den einzigen Spieler, der das Spiel auf zwei Seiten gleichzeitig verändern kann. Die NFL spricht vom „Unicorn“, dem Einhorn. Die Jaguars sprechen vom Zentrum ihres neuen Projekts.
Vergleichbare Fälle? Kaum.
Historisch gibt es kaum vergleichbare Beispiele. In den 1990ern prägte Deion Sanders selbst das Bild des Two-Way-Players, ebenso Champ Bailey in geringem Umfang. Doch niemand kombinierte den Workload und die Statistiken von Travis Hunter auf diesem Level. In einer Liga, die so stark auf Spezialisierung setzt, ist seine Vielseitigkeit ein Relikt aus einer anderen Zeit – oder die Zukunft?
Hunter könnte zum Vorbild einer neuen Spielergeneration werden: Alleskönner mit Football-IQ, Athletik und der Bereitschaft, mehr zu leisten als alle anderen.
Fazit: Risiko mit Riesenchance
Die Verpflichtung von Travis Hunter ist ein Risiko. Doch es ist eins, das sich auszahlen könnte wie kaum ein anderes. Jacksonville bekommt mit ihm einen Spieler, der die Möglichkeit hat, zwei Rollen auf Pro-Bowl-Niveau zu erfüllen. Ob das gelingt, hängt von vielen Faktoren ab: vom Coaching, der Belastungssteuerung, seinem Körper – und vom Mut, das Projekt langfristig zu verfolgen.
Eins steht fest: Die NFL wird hinschauen. Und wenn Travis Hunter nur annähernd das zeigt, was er in Colorado auf den Rasen gezaubert hat, dürfte 2025 sein Jahr werden.
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