October 29, 2023: Minnesota Vikings quarterback Kirk Cousins 8 waving during the NFL, American Football Herren, USA football game between the Minnesota Vikings and the Green Bay Packers at Lambeau Field in Green Bay, Wisconsin. /CSM Green Bay United States of America - ZUMAc04_ 20231029_zma_c04_146 Copyright: xDarrenxLeex
Kirk Cousins #8 noch im Trikot der Minnesota Vikings | Quelle: IMAGO / ZUMA Press Wire

In der NFL geht es um Siege, Titel, Heldenstatus – doch es geht auch ums Geschäft. Wenige Spieler verkörpern das besser als Kirk Cousins: ein Quarterback, der nie als der beste Spieler seiner Generation galt, aber durch clevere Vertragsverhandlungen, exzellentes Timing und unerschütterliche Geduld zu einem der finanziell erfolgreichsten Profis der Football-Geschichte wurde.

Fast 300 Millionen Dollar Karriere-Einnahmen – und das ohne Super-Bowl-Sieg, ohne MVP-Trophäe und ohne riesige Highlights. Wie hat Cousins das geschafft? Hier ist die Geschichte eines Quarterbacks, der nie alle Herzen gewann, aber seine Kassen füllte.



Vom Backup zur Chance: Geduld zahlt sich aus

Die Geschichte von Kirk Cousins begann unscheinbar: 2012 Draft, 4. Runde, Pick 102, Washington Commanders (damals Redskins). Viele Experten fragten sich, warum Washington überhaupt einen Quarterback zog – schließlich hatten sie bereits Robert Griffin III an Position zwei overall ausgewählt. Cousins schien dazu bestimmt, nie mehr als ein Ersatzmann zu sein.

Doch Football-Geschichten sind selten planbar. Griffin scheiterte nicht am Talent, sondern an Verletzungen, die ihn aus der Bahn warfen. Plötzlich öffnete sich für Cousins eine Tür, durch die er mit ruhiger Hand, solider Leistung und bemerkenswerter Konstanz trat. Besonders 2015 gelang ihm der Durchbruch: Mit einer NFL-besten Completion-Percentage von 69,8 % führte er Washington überraschend in die Playoffs. Die Fans riefen: „You like that?“ – ein Spruch, der ihn begleiten sollte.

Doch während Cousins sich als zuverlässiger Starter bewies, zögerte das Front Office. Anstatt ihm frühzeitig einen marktgerechten Vertrag zu geben, setzten sie zweimal hintereinander den Franchise Tag an. Eine Entscheidung, die Cousins Millionen einbrachte – und Washington langfristig teuer zu stehen kam.



Franchise Tag? Kein Problem – Kirk kassiert

Im Football ist der Franchise Tag Fluch und Segen zugleich: Einerseits verdient man für ein Jahr ein hohes Gehalt, andererseits fehlt langfristige Sicherheit. Cousins aber drehte den Spieß um und machte daraus sein Geschäftsmodell.

2016: Washington zahlte ihm knapp 20 Millionen Dollar, weil man sich nicht auf einen langfristigen Vertrag einigen konnte. Cousins antwortete mit fast 5.000 Passing Yards und einem Pro Bowl.

2017: Erneut Franchise Tag – diesmal fast 24 Millionen Dollar. Wieder spielte Cousins stark genug, um seinen Marktwert zu halten. Während Washington zögerte, legte er finanziell den Grundstein für seine beeindruckende Karriere.

In diesen beiden Jahren verdiente Cousins über 44 Millionen Dollar – ohne die langfristige Bindung, die sonst mit solch hohen Summen einhergeht. Und: Er blieb gesund. Er spielte konstant. Er wusste genau, dass seine Stunde erst noch kommen sollte.

Kirk Cousins Karriereeinkommen (Stand: 2024) | Quelle: Spotrac
Kirk Cousins Karriereeinkommen (Stand: 2024) | Quelle: Spotrac


Der historische Vikings-Vertrag: Vollgarantie als Meilenstein

2018 betrat Cousins die freie Agentur – ein äußerst seltener Moment: Ein Quarterback in seinen besten Jahren, produktiv, verletzungsfrei, auf dem Markt. Die Minnesota Vikings schnappten zu und schrieben damit Geschichte: 3 Jahre, 84 Millionen Dollar – vollständig garantiert.

Es war der erste voll garantierte Multi-Jahres-Vertrag für einen Quarterback in der NFL. Die Vikings kauften nicht nur einen soliden Spielmacher – sie setzten auch ein Zeichen: Leistung muss nicht spektakulär sein, um gut bezahlt zu werden. Wichtig war: Cousins war immer da, verletzungsfrei, verlässlich – und er gab den Vikings Stabilität.

Seine Zeit in Minnesota war sportlich solide: Playoff-Teilnahmen, ein denkwürdiger Overtime-Sieg gegen die Saints – doch es fehlten der große Wurf und die nationalen Schlagzeilen. Finanziell aber war Cousins unantastbar.



Immer wieder perfekt verlängert: Cousins als Verhandlungs-Genie

Cousins’ Kunst bestand nicht nur darin, gut zu spielen – sondern vor allem darin, zur richtigen Zeit den richtigen Vertrag zu unterschreiben. Die Vikings verlängerten ihn 2020 um weitere 31 Millionen garantiert, später folgte eine nochmalige Verlängerung zu einem Zeitpunkt, als der neue General Manager versuchte, Cap-Space zu schaffen.

Jedes Mal war Cousins zur Stelle – bereit zu verlängern, aber niemals zu billig. Auch sein schwerer Achillessehnenriss 2023 stoppte die Cash-Maschine nicht: Trotz Verletzung unterschrieb er 2024 bei den Atlanta Falcons für vier Jahre und bis zu 180 Millionen Dollar – davon satte 100 Millionen garantiert.

Atlanta draftete kurz darauf Michael Penix Jr., Cousins sicherte sich dennoch Garantien und Schutzmechanismen, die ihm erlauben, auch bei sportlichem Rückschritt finanziell unberührt zu bleiben. Wieder perfektes Timing.



Cousins bei Netflix: Sympathischer Familienmensch statt Glamour-Star

Einen anderen Blick auf Kirk Cousins erhielten Millionen von NFL-Fans durch die Netflix-Doku „Quarterback“ (Staffel 1). An der Seite von Patrick Mahomes und Marcus Mariota zeigte Cousins dort nicht den protzigen Star, sondern einen bodenständigen Familienmenschen, der Football als Beruf liebt, aber dabei nie vergisst, wer er ist.

Die Serie offenbarte seine Bescheidenheit, seinen Work Ethic und die tiefe Bedeutung von Glaube und Familie in seinem Leben. Während Mahomes die Glamour-Seite der NFL repräsentierte, wirkte Cousins angenehm nahbar und authentisch – Eigenschaften, die auch seine Vertragsverhandlungen prägten: Er blieb immer ruhig, immer sachlich und stets fair.

Für die Fans war klar: Kirk Cousins mag nicht der schillerndste Quarterback sein, aber er ist einer, den man respektieren kann.

In der kommenden Staffel 2 der Netflix-Serie wird Cousins erneut beleuchtet – diesmal vermutlich auch mit Fokus auf seinen Wechsel nach Atlanta und seine Rückkehr nach der Verletzung. Ein weiterer Schritt, sein Image als ehrlicher Arbeiter in einer glitzernden Liga zu festigen.



Virale Momente: Vom „You Like That!“ bis zum Ketten-König

So bodenständig und zurückhaltend Kirk Cousins oft wirkt – auf dem Feld und in der Kabine gab es immer wieder Momente, in denen seine Emotionen durchbrachen und er Kultstatus erreichte.

Unvergessen ist natürlich sein legendärer Ausruf:

„You like that?!

Nach einem fulminanten Comeback-Sieg der Washington Commanders gegen die Tampa Bay Buccaneers im Jahr 2015 rief Cousins auf dem Weg in die Kabine diesen Satz in die Kamera. Das Video verbreitete sich in Windeseile und wurde zu einem der bekanntesten NFL-Memes der letzten Jahre. Bis heute rufen Fans den Satz, wenn Cousins große Spiele abliefert.

Doch Cousins kann auch anders: Während seiner Zeit bei den Minnesota Vikings überraschte er die NFL-Welt mit einer ganz anderen Seite. Nach einem Sieg gegen Washington in der Saison 2022 tauchte plötzlich ein Video auf, das ihn oberkörperfrei im Flugzeug zeigte – behängt mit den dicken Diamant-Ketten seiner Mitspieler, während er mit kindlicher Freude tanzte. Die Szene ging viral, Cousins bekam den Spitznamen „Kirko Chainz“ und zeigte der Welt: Auch der sonst eher stoische Quarterback kann feiern.

Diese ungewohnten, humorvollen Einblicke verliehen Cousins neue Sympathiepunkte und machten ihn – zumindest für kurze Momente – zu einem der coolsten Typen der Liga. Ein schöner Kontrast zu seinem sonst so disziplinierten und ruhigen Auftreten.



Der bestbezahlte Free Agent aller Zeiten

Cousins hat Stand heute:

✅ Über 294 Millionen Dollar verdient
✅ Weitere 37,5 Millionen garantiert
✅ Mehr Cash aus Free Agency Deals generiert als jede andere NFL-Legende.

Während Superstars wie Aaron Rodgers oder Patrick Mahomes ihre Rekordverträge durch Verlängerungen beim ursprünglichen Team erhalten haben, hat Cousins bewiesen, dass es auch anders geht: Durch freie Märkte, durch Verhandlungsgeschick, durch Konstanz.



Fazit: Keine Hall of Fame – aber die Taschen voller Geld

Kirk Cousins wird nicht in die Pro Football Hall of Fame aufgenommen werden. Er hat keine Super Bowls gewonnen, keine MVPs gesammelt, keine ikonischen NFL-Momente geliefert. Doch eines hat er geschafft wie kein Zweiter:

Er ist der König des Bags – der König der perfekten Vertragsverlängerung. Ein Mann, der immer zur richtigen Zeit unterschrieben hat. Der den Wert von Gesundheit, Konstanz und ruhiger Führung ausspielte – und damit fast 300 Millionen Dollar auf dem Konto hat.

In einer Liga, in der der Wert eines Quarterbacks oft nur an Titeln gemessen wird, hat Kirk Cousins gezeigt: Man kann auch ohne großen Glanz gewinnen. Zumindest finanziell.



👉 Die Idee zu diesem Artikel basiert auf dem großartigen ESPN-Artikel „NFL ‚Bag‘ Hall of Fame: Players who maximized contract leverage. Neben Kirk Cousins werden dort auch andere Stars gewürdigt, die sich bei Vertragsverhandlungen stets clever positioniert haben – darunter Joe Flacco, Dak Prescott, Jalen Ramsey, Darrelle Revis, Deion Sanders, Matthew Stafford und Laremy Tunsil. Wer also noch tiefer eintauchen möchte, findet hier bei ESPN weitere spannende Geschichten.