Ein Jahr auf der Bank – und doch alles andere als vergeudet.
Während viele NFL-Rookies ihre Entwicklung auf dem Spielfeld machen, musste J.J. McCarthy bei den Minnesota Vikings seine erste Profi-Saison komplett von außen verfolgen. Eine Knieverletzung verhinderte sein Debüt, doch das Franchise entwickelte einen ganzheitlichen Plan, um seinen Quarterback der Zukunft trotzdem weiterzuentwickeln.

DETROIT, MI - APRIL 25: The Minnesota Vikings make Michigan Quarterback JJ McCarthy the tenth overall pick during Day 1 of the NFL, American Football Herren, USA Draft on April 25, 2024 at Campus Martius Park and Hart Plaza in Detroit, MI. Photo by John Smolek/Icon Sportswire NFL: APR 25 2024 Draft EDITORIAL USE ONLY Icon24042590
Die Minnesota Vikings wählen Quarterback J.J. McCarthy von Michigan an Position 10 beim ersten Tag des NFL Drafts. | Quelle: IMAGO / Icon Sportswire


🧠 Persönliches Coaching statt Spielzeit

Head Coach Kevin O’Connell reservierte während der Saison jede Woche eine Stunde ausschließlich für McCarthy – ohne Ablenkung durch Meetings, Presse oder Play-Calling. Diese 1:1-Sessions waren nicht nur technischer Natur, sondern auch auf mentale Reife und zwischenmenschliche Verbindung ausgelegt.

O’Connel:
Es musste nicht immer Football sein. […] Ich wollte, dass wir eine Beziehung aufbauen, die auf Vertrauen basiert.“

Die Inhalte der Gespräche variierten: manchmal Spielzuganalysen, manchmal einfach persönliche Gespräche. Gerade für einen jungen Quarterback wie McCarthy war diese Form von Nähe und Austausch mit dem Head Coach ein entscheidender Entwicklungsfaktor.



🎥 Lernen mit Technologie: Film, VR und Helm-Kameras

Da McCarthy aufgrund seiner Verletzung nicht trainieren oder spielen durfte, griff das Team zu innovativen Mitteln, um ihn trotzdem in den Spielbetrieb einzubinden:

  • Helm-Kamera-Filmmaterial von Sam Darnold
  • Nutzung von Virtual-Reality-Systemen
  • Analyse der Kommunikation an der Line of Scrimmage
  • Mentale Repliken realer Spielsituationen

Diese Inhalte konnte McCarthy auf dem großen Taktik-Screen im Draft-Raum oder via VR-Brille durchgehen – so erhielt er eine fast realistische Perspektive auf das Spiel, trotz physischer Abwesenheit.



🗒️ Aufgaben, Notizen und Präsentationen

Quarterbacks Coach Josh McCown, selbst 18 Jahre lang NFL-Quarterback, entwickelte ein strukturiertes Aufgabenprogramm:

  • Niederschrift aller 3rd-Down-Plays jeder Woche
  • Scouting-Reports über gegnerische Defensive Coordinators
  • Persönliche Notizen, die McCown regelmäßig einsammelte
  • Spontane Abfragen in Meetings, um McCarthys Wissensstand zu prüfen

McCown:
„Wir wollten sicherstellen, dass er nicht nur konsumiert, sondern auch verarbeitet und weitergeben kann“

Auf diese Weise wurde McCarthy wie ein aktiver Quarterback behandelt, obwohl er formell nicht im Einsatz war.



🧠 Selbstinitiative: Lernwille abseits des Playbooks

Auch McCarthy selbst zeigte beeindruckende Initiative:

  • Er begann, ein „Gratitude Journal“ zu führen, um sich auf das Positive seiner Situation zu konzentrieren – eine Methode, die er von seinem College-Life-Coach Greg Harden übernommen hatte.
  • Er sprach aktiv mit Teamkollegen wie Defensive Tackle Harrison Phillips, um sich über Defensive Fronts und Spielverständnis auszutauschen.
  • In Meetings stellte er immer wieder gezielte Fragen – ein Zeichen seines Engagements trotz Inaktivität.

McCarthy:
„Ich habe mich darauf fokussiert, was ich lernen kann, statt mich über das zu ärgern, was ich nicht tun kann“.



💡 Warum setzen die Vikings auf McCarthy – trotz null Spielzeit?

Zur Überraschung vieler trennten sich die Vikings nach der Saison 2024 von Sam Darnold, obwohl dieser mehr als 30 Touchdowns geworfen hatte. Auch andere Optionen wie Aaron Rodgers oder Daniel Jones wurden nicht verpflichtet. Stattdessen: Volles Vertrauen in McCarthy.

Ein Grund ist der strategische Vorteil seines Rookie-Vertrags:
Mit nur 4,9 Mio. $ Cap Hit in 2025 ist er ein finanziell günstiger Starter, was der Roster-Tiefe zugutekommt.

Der andere Grund: McCarthys Entwicklung abseits des Feldes.

O’Connel:
„Er hat gezeigt, dass er hohe Spielintelligenz besitzt und in der Lage ist, große Informationsmengen zu verarbeiten“.



⛳ Was fehlt ihm trotzdem?

Trotz aller Maßnahmen konnten bestimmte Aspekte nicht ersetzt werden:

  • Das Führen eines Huddles in realer Spielsituation
  • Das Antizipieren von Live-Defenses
  • Das Training der eigenen Wurftechnik unter Druck

Coach McCown verglich es mit einem Golfer ohne Driving Range:

„Du kannst Technik lernen, aber Timing und Gefühl bekommst du nur auf dem Platz.“



Fazit: Kein verlorenes Jahr – sondern strategische Vorbereitung

Trotz eines Jahres ohne Snaps hat J.J. McCarthy sein erstes NFL-Jahr intensiv genutzt – mit Hilfe eines Coaching-Staffs, der ihn nicht aus den Augen verlor, und durch seinen eigenen Ehrgeiz, das Beste aus der Situation zu machen.

2025 soll nun sein Jahr werden – als Starting Quarterback der Minnesota Vikings.



Quelle: Inside Vikings‘ plan for J.J. McCarthy’s lost rookie season – ESPN